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Karl Spiesberger

Karl Spiesberger

Runenmagier, Hermetiker und Erneuerer der deutschen Esoterik

Karl Spiesberger (*29. Oktober 1904 in Bad Homburg vor der Höhe; †1. Januar 1992 in Berlin) war ein deutscher Okkultist, Runenforscher, Hypnotiseur und spiritueller Lehrer. Unter seinem Logennamen Frater Eratus galt er als eine der zentralen Gestalten der deutschen Esoterik im 20. Jahrhundert. Er war der erste, der die Armanen-Runen nach dem Zweiten Weltkrieg von ihren rassistischen und völkischen Ideologien befreite und in einen universalistischen Kontext stellte.

Frühes Leben und Initiation

Spiesberger war der Sohn eines Gärtners und zeigte schon früh Interesse an Hypnose, Telepathie und Okkultismus. 1932 zog er nach Berlin mit dem Ziel, Schauspieler zu werden. Dort traf er 1935 auf den bekannten Magier Gregor A. Gregorius, Gründer der Fraternitas Saturni. Durch ihn wurde Spiesberger tief in die westlich-esoterische Logenarbeit eingeführt. 1948 wurde er in Riesa unter dem Namen Frater Eratus feierlich aufgenommen.

Fraternitas Saturni und innere Konflikte

Im Rahmen der Fraternitas Saturni verfasste Spiesberger zahlreiche Artikel, unter anderem für die Logenzeitung „Blätter für angewandte okkulte Lebenskunst“. Zwischen 1948 und 1960 veröffentlichte er zudem 42 Broschüren unter dem Titel „Einweihung“. 1957 wurde ihm der Meistergrad Gradus Soli verliehen. Nach Spannungen innerhalb der Loge und persönlichen Differenzen mit Gregorius' Partnerin Sorella Roxane, verließ Spiesberger 1960 die Organisation, widmete sich aber weiterhin intensiv der Publikation seiner Lehren.

Runenmagie nach 1945 – ein radikaler Neuanfang

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg galt der Begriff „Runenmagie“ aufgrund seiner Nähe zum Nationalsozialismus als kontaminiert. Spiesberger wagte es, diese Symbolik zu rehabilitieren – jedoch frei von jeder völkisch-rassistischen Ideologie. Dabei griff er auf die Armanen-Runen von Guido von List und Siegfried Adolf Kummer zurück, entwickelte sie aber weiter zu einem pansophischen System, offen für alle spirituell Suchenden.

  • Runenmagie – Handbuch der Runenkunde (1955)
  • Runenexerzitien für Jedermann (1958)

Er kombinierte klassische Runenstellungen, Mudras, Intonation und Meditation zu einer praktischen Magieform. Die Runen sah er nicht als „arisches Erbe“, sondern als universelle Schwingungssymbole im Dienste des individuellen Wachstums.

Pendelmagie & Od-Kraft

Ein zweiter Hauptbereich war seine Arbeit mit der Pendelmagie. In seinem Buch „Der erfolgreiche Pendelpraktiker“ (1955) bzw. der englischen Ausgabe „Reveal the Power of the Pendulum“ beschreibt er detailliert die Anwendung des siderealischen Pendels. Grundlage seiner Theorie war die Od-Kraft nach Carl von Reichenbach – eine feinstoffliche Lebensenergie, die sich durch Radiästhesie sichtbar machen lasse.

Hermetik, Naturwesen und esoterische Lehre

Spiesberger war ein vielseitiger Autor, dessen Interessen weit über die Runen hinausreichten. Er schrieb zu Themen wie:

  • Hermetische Schulung in Theorie & Praxis
  • Telepathie & mentale Beeinflussung
  • Levitation & Aura-Forschung
  • Arbeit mit Naturgeistern und Elementarwesen

In der Öffentlichkeit trat er stets als nüchterner und undogmatischer Lehrer auf, der alte Traditionen mit modernen Erkenntnissen verband.

Wichtige Werke (Auswahl)

  • Sinnen und Forschen (1950)
  • Die Aura des Menschen (1963)
  • Hermetisches ABC, Bd. 1 & 2 (1964)
  • Praktische Telepathie (1966)
  • Das Mantra-Buch (1977)
  • Levitation (1988)
  • Auf dunklem Pfad zum Licht (1989)
  • Magische Novellen (posthum 1999, durch seine Witwe veröffentlicht)

Späte Jahre und Vermächtnis

In den 1980er-Jahren arbeitete Spiesberger seine wichtigsten Werke neu auf, wobei er immer wieder an ihrer praktischen Anwendung und Verständlichkeit für moderne Leser feilte. Er starb am 1. Januar 1992 im Alter von 87 Jahren in Berlin und wurde dort beigesetzt.

„Die Runen sind keine politischen Symbole – sie sind Werkzeuge des inneren Erwachens.“ – Karl Spiesberger

Fazit

Karl Spiesberger war der wohl einflussreichste deutsche Runenpraktiker nach dem Zweiten Weltkrieg. Durch seine entideologisierte Neuauslegung der Armanen-Runen, seine Arbeiten zur Pendelmagie und seine hermetischen Schriften hat er ein vielseitiges und wirkungsvolles Werk hinterlassen. Er war ein Brückenbauer zwischen alter Magie und moderner Esoterik – offen, kritisch und zugleich tief verwurzelt in der spirituellen Suche.